Gegenstand des Projektes

 

Die Überlieferungsgeschichte des Buches Jesus Sirach ist derart vielschichtig und kompliziert, dass sich alle wichtigen antiken Textfassungen so erheblich unterscheiden, dass es nicht möglich ist, einen einheitlichen Urtext zu rekonstruieren. Das hat zur Folge, dass man für jede wissenschaftliche oder nicht wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Text entweder eine der ursprünglichen Texte, also entweder den hebräischen, den syrischen, den griechischen oder den lateinischen heranziehen muss, wobei sich die letzten beiden Versionen in mehr weitere Versionen untergliedern lassen, oder man greift auf einen Mischtext zurück, wie er den meisten modernen Bibelübersetzungen zugrunde liegt. Entscheidet man sich dafür, eine bestimmte Textversion als Ausgangstext zu wählen, wird man der Vielschichtigkeit der Überlieferung und der damit verbundenen theologischen Unterschiede und Nuancen nicht gerecht oder muss in mühevoller Kleinarbeit die Texte der anderen Versionen vergleichen. Zieht man die zweite Option vor und hält sich an die auf rekonstruierten Texten beruhenden Übersetzungen, geht der jeweils spezifische Charakter der einzelnen Textfassungen verloren. Textkritische und textgeschichtliche Untersuchungen sind auf dieser Grundlage nicht möglich.

Die Fülle dessen, was der Text des jüdischen Gelehrten und Lehrers Jesus Sirach (Ben Sira), an kultur- und religionsgeschichtlichen Informationen birgt und was er über das Verhältnis von traditionellem jüdischen Denken und hellenistischer Neuerung widerspiegelt, macht aber eine Beschäftigung mit diesem Werk lohnend. Bis heute hat es eine breite Wirkungsgeschichte entfaltet, die es in vielerlei Hinsicht zu untersuchen gilt. Dabei geht es zum einem um philologische und textkritische Fragen, zum anderen auch um theologische, philosophische und kulturgeschichtliche.

Ein Werkzeug zu schaffen, das die Beschäftigung mit diesem wichtigen Text erleichtert, hat sich das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte "Projekt: Sirach-Synopse" (SirSyn) mit seinen elf Mitarbeitern zum Ziel gesetzt. Die Textfassungen der vier wichtigsten Sprachen mit ihren verschiedenen Überlieferungen sollen in einer Synopse nebeneinander gestellt werden. Um die Arbeit mit dem Text weiter zu erleichtern, werden alle originalsprachlichen Texte und Varianten von einer Übersetzung ins Deutsch begleitet.